11 wirksame Tipps gegen Technostress
12.01.2022
Autorin: Vera Vogel, Vice President HR der Adecco Group Deutschland
In einem Zeitalter, in dem die digitale Vernetzung ein Maximum erreicht hat, ist es schwer, sich in der Nutzung neuer digitaler Technologien selbst zu regulieren. Zu groß sind die Versuchungen, immer und überall erreichbar zu sein und an Informationen zu gelangen – das gilt sowohl für den digitalen Arbeitsplatz als auch für den privaten Sektor.
Wenn Sie das Gefühl haben, Ihr Smartphone rund um die Uhr bei sich tragen oder ständig die neuesten technologischen Entwicklungen verfolgen zu müssen, leiden Sie möglicherweise unter Technostress – und das kann Ihre psychische Gesundheit maßgeblich beeinträchtigen. Haben Sie das Gefühl, Ihr Smartphone auch außerhalb der regulären Arbeitszeit permanent bei sich haben zu müssen? Sind Sie für Freunde und Kollegen immer erreichbar? Haben Sie keinen Spaß mehr daran, die neuesten technologischen Entwicklungen zu verfolgen, obwohl Sie das sonst immer gern gemacht haben? Wenn Sie eine oder sogar alle Fragen mit „Ja“ beantworten können, leiden Sie möglicherweise unter technologiebedingtem Stress, auch Technostress genannt.
Was ist Technostress und wie kann ich ihm entgegenwirken?
Mittlerweile können Forscher belegen, dass sich neue Technologien negativ auf die menschliche Gesundheit auswirken. Informations- und Kommunikationstechnologien beeinflussen im 21. Jahrhundert alle Bereiche unseres Lebens. Durch die neue Art der Arbeit, die es den Beschäftigten ermöglicht, von überall aus tätig zu sein, führt dazu, dass die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatbereich verschwimmen. Viele Angestellte empfinden es als unmöglich, diese jedoch wichtige Abgrenzung sicherzustellen. Auch wenn es noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Studien zu dieser Thematik gibt, so deutet vieles darauf hin, dass ein enger Zusammenhang zwischen der Covid-19 Pandemie und der daraus resultierenden plötzlichen Verlagerung des Arbeitsplatzes in die eigenen vier Wände besteht. Dies wird wohl erst einmal die Zukunft der Arbeit sein.
Was ist Technostress? Technostress oder Technikstress ist eine Überforderung des Benutzers durch neue technische Geräte oder Systeme. Technostress kann zu Überanstrengungen, Schmerzen, Schlaflosigkeit, Angstzuständen, Depressionen oder Verhaltensstörungen führen.
Wissenschaftliche Erkenntnisse[1] zu Technostress belegen, dass sich der negative psychologische Bezug zu Technologie vorwiegend auf zwei Arten äußert: Die Menschen haben entweder Schwierigkeiten, neue Technologien zu verstehen (Technophobie) oder identifizieren sich in übertriebenem Maße damit (Technosucht). Wir können diese in weitere Technostressoren wie etwa technologische Invasion, Unzuverlässigkeit, Komplexität und Unsicherheit aufschlüsseln.
Die Auswirkungen von Technostress
Technostress ist durch technologische Veränderungen bedingt und unterscheidet sich von bisher bekanntem Stress. Wissenschaftler haben die ursprüngliche Liste der Symptome (Konzentrations-, Fokus, und Produktivitätsprobleme, veränderte Körperhaltung und Muskelverspannungen, Schlaflosigkeit) durch Panikattacken, chronische Müdigkeit, depressive Störungen und generell Burn-Out ergänzt. Diese Symptome wirken sich maßgeblich auf die Work-Life-Balance und die Zufriedenheit im Berufs- und Privatleben aus. Ein gewisses Maß an Stress ist zum Beispiel für unsere Arbeit positiv und fördert unsere Kreativität. Wird dieses Maß jedoch permanent überschritten, beeinträchtigt der Stress unsere Gesundheit und Leistungsfähigkeit.
Neue Anti-Stress-Features reichen nicht aus: Schaltet ab!
Wir leben in einem hypervernetzten Zeitalter, in dem die sofortigen Belohnungen, die wir bei der Nutzung von Technologie erhalten, die Selbstregulierung erschweren. Obwohl wir beispielsweise wissen, dass passives Scrollen ungesund ist, können wir es oft nicht lassen. Laut einer Onlinestudie der ARD- und ZDF-Forschungskommission waren Internetnutzer in Deutschland im Jahr 2020 täglich im Durchschnitt zwei Stunden online, Tendenz steigend. In der Altersgruppe von 14-29 Jahren betrug die Nutzung sogar 4,3 Stunden täglich – ein Rekordwert. Obwohl es heute diverse Funktionen und Anwendungen gibt, mit denen Benutzer ihre Onlinezeit überwachen und gezielte Pausen einplanen können, gelingt es den Menschen nachweislich nicht, dem Technologiedruck zu entkommen.
11 Taktiken, um Technostress zu vermeiden
- Legen Sie Technopausen fest und halten Sie diese ein. Dazu müssen Sie Ihre Bildschirmzeit verfolgen. Indem Sie Verbindungspausen einplanen, werden Sie sich Ihrer vernetzten Zeiten bewusster – eine Win-Win-Situation.
- Legen Sie Zeiten für soziale Medien fest. Wenn Sie soziale Medien täglich beruflich nutzen müssen, ist es wichtig, dass Sie Benachrichtigungen auf Ihrem Telefon blockieren.
- Schalten Sie Ihre persönlichen Geräte aus. Blockieren Sie unnötige Ablenkungen bei der Arbeit, während Ihrer Pause und beim Zubettgehen. Gewöhnen Sie es sich an, Ihr Smartphone mehrmals täglich auszuschalten.
- Reduzieren Sie unnötige Kommunikation. Filtern Sie nicht dringende Nachrichten heraus und planen Sie gezielt Zeiten ein, in denen Sie diese beantworten. Dies gilt für die berufliche und private Kommunikation gleichermaßen.
- Notiere Sie sich Dinge auf Papier. Wenn Sie sich nicht auch noch zum Organisieren Ihrer Aufgaben und Gedanken an eine spezielle Anwendung binden möchten, schreiben Sie gewisse Dinge einfach wieder auf Papier auf.
- Konzentrieren Sie sich immer nur auf eine Aufgabe. Stoppen Sie das technische Multitasking und schließen Sie auf Ihrem Bildschirm alle für die jeweilige Aufgabe nicht benötigten Fenster, damit Sie sich ganz auf eine Sache fokussieren können. Wenn Sie mit Slack oder einem anderen Online-Projektmanagementtool arbeiten: Legen Sie klar fest, wann Sie erreichbar sind.
- Führen Sie Technikschulungen am Arbeitsplatz durch. Je besser Ihre Mitarbeiter verstehen, wie sie (neue) Technologien effektiv nutzen können, desto stärker schwindet ihre Technophobie und ihr Vertrauen in ihre Fähigkeiten steigt.
- Ermöglichen Sie Ihren Mitarbeitern, abzuschalten. HR-Trend Nummer Eins: Pflegen Sie eine Kultur, in der die Freizeit Ihrer Mitarbeiter respektiert wird. Auf diese Weise helfen Sie ihren Mitarbeitern, ihre Work-Life-Balance zu verbessern, was sich wiederum positiv auf die Produktivität auswirkt.
- Investieren Sie in benutzerfreundliche Geräte und Tools. Ob der Drucker, der immer im falschen Moment streikt oder das alte Betriebssystem, dass Sie immer wieder auf die Palme bringt — Sie wissen bestimmt schon, an welchen Stellschrauben Sie drehen können, um durch eine überlegte Neuanschaffung etwas Technostress zu reduzieren.
- Lesen Sie ein gutes Buch. Trainieren Sie Weitblick und Gelassenheit, indem Sie zum Beispiel die Geschichte der Menschheit oder Biografien studieren. Lesen Sie bewusst nicht auf einem Screen. Hörbücher sind eine gute Alternative, aber Achtung: Hier besteht wieder die Gefahr der Multitasking-Falle.
- Trainieren Sie, zur Ruhe zu kommen. Starten Sie gelegentlich mit Meditation & Achtsamkeitsübungen in den Tag, bewusst ohne produktiv sein zu wollen. Dadurch werden Sie die Dinge um Sie herum gleich gelassener wahrnehmen.
Digitale Technologien sind eine wichtige Quelle des Wandels, insbesondere für den Arbeitsmarkt. Vieles daran ist positiv. Zum Beispiel hat die Online-Kommunikation die Menschen während der pandemiebedingten physischen Trennung in Verbindung gehalten. Oder: Vorstellungsgespräche per Videochat. Die Technik ist auf unserer Seite. Auf ungesunde Weise eingesetzt, kann sie der Gesundheit jedoch schaden. Stressbewältigung wird in unserer technologiegestützten Welt auch in Zukunft ein Thema bleiben. Wir müssen lernen, gesund damit umzugehen.
[1] u.a. nachzulesen im Artikel „Technostress: This Is Your Brain on Computer Screens“ auf der Seite der King University
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